- geistliche Lyrik
- geistliche Lyrik,Lyrik, in der christlich-dogmatische Glaubensinhalte gestaltet werden; sie verlässt dabei nie, im Unterschied zu einer im weiteren Sinn als religiös zu bezeichnenden Lyrik, die durch die Kirche repräsentierten Heilswahrheiten. Häufig sind Bitt-, Lob-, Danklieder, Themen wie Hochzeit, Tod, ewige Seligkeit, Anlässe des Kirchenjahres. - Geistliche Lyrik wurde v. a. im Mittelalter gepflegt, in Deutschland z. B. in den Leisen (Leis). Das früheste deutschsprachige Zeugnis stammt vom Ende des 11. Jahrhunderts. Dieses geistliche (Volks-)Lied fand bis zur Reformation jedoch nur vereinzelt auch Eingang in die Liturgie der Messe. - Daneben entstand etwa parallel zur Troubadourlyrik und zum Minnesang, oft von denselben Verfassern, eine subtilere geistliche Lyrik, u. a. Marienlyrik, Kreuzzugslyrik (P. Abaelardus, Bernhard von Clairvaux, Marcabru, Walther von der Vogelweide, Thibaut de Champagne, Adam von Sankt Viktor, Franz von Assisi; in Spanien sind u. a. die »Cantigas de Santa María« von Alfons X. von Kastilien zu nennen), geistliche Spruchdichtung (u. a. Reinmar von Zweter) und geistlicher Lobgesang (Iacopone da Todi; Lauda). - Die neue religiöse Seh- und Erlebnisweise etwa seit der Reformation führte die Tradition der geistlichen Kunstlyrik weiter, die immer schon die Grenze zu einer sehr persönlichen religiösen Lyrik gesprengt hatte (u. a. in Frankreich T. A. d'Aubigné, G. Du Bartas, in Italien I. Sannazaro, T. Tasso, G. Marino, in Spanien Theresia von Ávila, L. de Góngora y Argote, in Portugal D. Bernardes, Pero de Andrade Caminha, in England J. Donne, G. Herbert, R. Crashaw, J. Milton u. a., in Deutschland A. Gryphius, P. Fleming, P. Gerhardt, F. Spee von Langenfeld, Angelus Silesius sowie im 18. Jahrhundert N. L. von Zinzendorf, G. Tersteegen und C. F. Gellert, im 19. Jahrhundert K. Spitta, K. von Gerok, Annette von Droste-Hülshoff, J. Sturm). Wichtiger und bis heute von ungebrochener Bedeutung ist ein anderer Zweig der deutschen geistlichen Lyrik: der von M. Luther geschaffene Gemeindegesang für den Gottesdienst, das Kirchenlied.S. Singer: Die religiöse Lyrik des MA.s (1933);P. Le Gentil: La poésie lyrique espagnole et portugaise. .., 2 Bde. (Rennes 1949-53, Nachdr. Genf 1981);K. Berger: Barock u. Aufklärung im geistl. Lied (1951, Nachdr. 1972);H. Friedrich: Epochen der ital. Lyrik (1964);
Universal-Lexikon. 2012.